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Industrie
OFFENER BRIEF VOM WENKO-CHEF
Köllner spricht Klartext
Asiatische Online-Plattformen fluten den Markt mit Angeboten. In die Kritik geraten sind sie bei Branchenverbänden, Verbraucherschützern, aber auch bei Handel und Industrie, weil viele der Produkte die vorgeschriebenen Standards nicht erfüllen und es an Kontrollen fehlt.
Niklas Köllner (li.) zusammen mit dem Wenko Vertriebschef Harald Hensel auf der Ambiente in Frakfurt. Köllner meint: „Wer Produkte in der EU verkauft, muss die gesetz- lichen Anforderungen sicherstellen und auch dafür haften.“ Foto: HZ/Mau
verbraucher ein Produkt kauft, das einem Markenprodukt sehr ähnelt, aber nur einen Bruchteil davon kos- tet, kann er nicht sehen, ob das Pro- dukt mit krebserregenden Substan- zen kontaminiert ist. Das ist nur über kostspielige Laborprüfungen mög- lich. „Viele benutzte Chemikalien sind leider krebserregend, da diese in der Beschaffung günstiger sind“, erläu- tert Wenko-Chef Köllner. „Wir holen uns so den schleichenden Tod nach Europa. Im schlimmsten Fall wird ein Produkt dann auch noch vom Endver- braucher tragbar gemacht durch seine positive Rezension auf der jeweiligen Plattform. 100 Prozent Sicherheit gibt es nie, aber der Konsument kann bei einem Markenprodukt deutlich eher davon ausgehen, dass die Produkte den strengen Anforderungen der EU- Gesetze entsprechen. Auch Unterneh- men aus Drittländern müssen sich an die Spielregeln halten.“
Offener Brief an Habeck
In einem offenen Brief hat sich Köllner ebenfalls an Bundeswirtschaftsminis- ter Robert Habeck gewendet. Unver- ständlich ist es für den Wenko-Chef, dass asiatische Plattformen nicht nur in puncto Qualität, Produkthaftung und Schutzrechtsverletzungen quasi unbe- scholten davonkommen, sondern dass sie darüber hinaus kaum oder keine Steuern oder Abgaben in Deutschland zahlen. Vorbild für Köllner könnte ein aktuell noch diskutiertes Modell aus Frankreich sein, das Extra-Abgaben für Fast Fashion bzw. Wegwerfmode vor- sieht. Sein Kommentar dazu: „Lieber Herr Minister Robert Habeck, auch eine Variante, die in Deutschland diskutiert werden sollte.“
Niklas Köllner ist Geschäftsführer von Wenko, dem Hersteller von Küchen- utensilien und Badaccessoires. Er fordert von der Politik, zügig gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle zu schaffen. „Es kann nicht sein, dass die wachsenden Anforderungen der EU, die wir in Deutschland und Europa er- füllen müssen, nicht für Importeure
aus Asien gelten“, ärgert sich Köllner. Mehr als 5.000 Nonfood-Produkte für Bad, Küche, Wohnen gibt es im On- line-Shop von Wenko. Sie erfüllen alle die gesetzlichen Vorschriften. Darüber hinaus führt Wenko Zertifizierungen, Qualitätsprüfungen und chemische Analysen durch. „Für Waren aus China gelten diese Gesetze zwar auch“, erläu- tert Köllner, „aber wer kontrolliert das? Niemand. Und damit wird unser Markt schutzlos zum Freiwild für asiatische Online-Plattformen, die auf unsere Kos- ten wachsen. Das ist ein Vergehen am Verbraucher und an der Wirtschaft.“
Wildwest-Zustände drohen
Ein Dorn im Auge ist Köllner, dass die Politik die Gesetze nicht schnell ge- nug an veränderte Realitäten anpasst und klare Handelsabkommen fehlen. Eine Lösung sieht er darin, das Produkt- haftungsgesetz auszuweiten. „Es muss neben funktionierenden Kontrollen für jeden Inverkehrbringer einen Bevoll- mächtigten in Europa geben, der für Verstöße haftet“, so die Forderung von Köllner. „Anders bekommen wir hier Wildwest-Marktbedingungen und nie- mand kann sich mehr auf die Echtheit und Qualität von Produkten verlassen. Wer Produkte in der EU verkauft, muss die gesetzlichen Anforderungen sicher- stellen und auch dafür haften.“
Der Staat ist mit der Flut an impor- tierten unkontrollierten Produkten überfordert – für die nach Auffassung von Köllner Kontrollen dringend er- forderlich wären. Denn wenn ein End-
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